Früher entstand Nähe von selbst
Eschweiler war – so erinnere ich als 1978 Geborener Nothberger es – ein Ort, in dem Gemeinschaft kein Projekt war, sondern Alltag. Man begegnete sich automatisch: beim Straße kehren, im Verein, beim Bäcker oder auf der Straße vor der Tür. Die Wege waren kürzer, die Kreise kleiner, die Berührungspunkte dichter.
Man wusste, wer die anderen sind. Und man wusste, wie man miteinander ins Gespräch kommt. Bzw. man hat nicht drüber nachgedacht.
Heute rast das Leben schneller – und auch die Kommunikation
Der wirkliche Unterschied zu früher ist nicht der Mensch an sich.
Es ist die Taktung des Alltags, die sich verändert hat.
- Arbeitswege werden länger und führen uns oft raus aus der Stadt.
- Familie koordinieren Job, Schule, Termine, Verpflichtungen.
- Begegnungen entstehen seltener nebenbei und häufiger nur dann, wenn man sie penibel plant - inkl. Kleidung laut Wettervorhersage dank passender App.
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Offline-Kontakte werden weniger – Online-Kommunikation dafür dauerhaft präsent.
Das erzeugt eine Art digitale Nahdistanz: Wir sind ständig „verbunden“ und gleichzeitig weniger "echt" verbunden denn je.
Nähe passiert heute nicht mehr automatisch. Wir müssen unsere Komfortzone dafür verlassen. Oder einfach offen bleiben. Denn Zusammenhalt entsteht nur dort, wo Nähe bewusst Raum bekommt.
Warum Zusammenhalt heute bewusst gepflegt werden muss
Wenn Alltage sich überkreuzen, statt sich zu begegnen, braucht es "Innenkraft":
heißt, bewusst aktiv aufeinander zugehen. Aber wie macht man das?
- bewusst grüßen – auch wenn man sich nicht eng kennt
- stehen bleiben, obwohl im Kopf schon der nächste Termin tickt
- Konflikte online gar nicht erst beginnen, wenn man sie offline niemals führen würde
- Vereine und Ehrenamt nicht als Pflicht betrachten, sondern als Gegengewicht
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Menschen willkommen heißen, die hier leben möchten
Zusammenhalt ist heute kein Nebeneffekt des Lebens mehr. Zusammenhalt ist eine Entscheidung.
"Zusammenhalt ist nicht Nostalgie oder Vergangenheit. Zusammenhalt ist unsere Zukunft, wenn wir ihn bewusst leben.“
Eschweiler kann es: Nach einer wahren Begebenheit, die zeigt, wie schnell Nähe entstehen kann
Vor einiger Zeit sprühten wir im Rahmen einer Marketing-Aktion in der Grabenstraße große Begriffe auf Eschweiler Platt auf den Boden. Bunt, grell, unübersehbar.
Ich hockte mitten im Samstagsgewusel vor der Commerzbank-Filiale und sprühte das Wort „Heemet“ auf den Asphalt.
Die Menschen blieben stehen, schauten, rätselten, lächelten.
Ein älterer Herr sprach mich an:
„Watt soll dat denn? Ist dat für die Ausländer, damit die unsere Sprache lernen?“
Ich holte Luft – noch bevor ich mühsam eine halbwegs schlagfertige Antwort mühsam formulieren konnte –, als ein Familienvater neben uns seinem kleinen Sohn erklärte:
„Schau mal! “Heemet” - das heißt Heimat. Jeder hat eine Heimat. Das ist da, wo man sich zu Hause fühlt. Und unsere Heimt ist hier - in Eschweiler.“
Der ältere Herr drehte sich zu ihm um.
„Sie können das lesen?“
„Natürlich. Klar, wieso nicht?”
Und plötzlich standen zwei Menschen dort, die sich vorher nie begegnet waren, und redeten miteinander. Zwei Menschen, die sonst höchstwahrscheinlich nicht in diesem Moment miteinander in den Austausch gegangen wären. Über Heimat. Über Eschweiler. Über das Leben hier.
Ich hätte kaum ein besseres Beispiel dafür erfinden können, wofür wir das alles tun.
Genau solche Momente. Und davon gibt es tagtäglich unzählige.
Du spürst Zusammenhalt in Eschweiler an vielen Stellen
Oft dort, wo man ihn gar nicht sucht:
- Eltern, die den Schulweg organisieren, weil Sicherheit wichtiger ist als Wetter.
- Vereine, die trotz Hektik und Termindruck funktionieren und wachsen.
- Nachbarn, die draußen zusammensitzen – egal ob man sich seit drei Wochen oder drei Jahre kennt.
- Gespräche beim Einkaufen, die länger dauern als geplant und genau dann etwas in einem sortieren
Das sind die kleinen Momente, die größer wirken, als sie aussehen. Und sie wirken in uns allen.
Veränderung braucht Halt – und Halt entsteht gemeinsam
Eschweiler verändert sich.
Strukturwandel, neue Bauprojekte, neue Menschen, neue Wege.
Das ist normal – aber es macht manche unruhig.
Zusammenhalt ist der Gegenpol dazu.
Eine Haltung, die Orientierung gibt, wenn Gewohnheiten bröckeln und Abläufe oder Gewohnheiten sich verschieben.
Was bleibt?
Zusammenhalt ist kein Rückblick auf frühere Zeiten.
Er ist eine Antwort auf ein Leben, das schneller, lauter und zersplitterter geworden ist.
Und etwas, das gerade in Eschweiler eine neue Bedeutung bekommt:
weil diese Stadt immer dann am stärksten ist, wenn sie nah beieinander bleibt.
Vielleicht ist es genau dieser bewusste Zusammenhalt, der dafür sorgt,
dass man sich hier – trotz allem Wandel – immer noch zuhause fühlt. Auch wenn es manchmal herausfordernd ist. Es war schon immer so - es geht nur Zusammen.